Nach den Strapazen des Vipassana Kurses fuhr ich richtig befreit weiter und stoppte als
erstes im 7- Eleven und gönnte mir ein Eis.
Ich übernachtete an diesem Abend in Taichung, mitten in der Stadt und zwar m Stadtpark. Eigentlich wollte ich mir zur Vipassana Belohnung ein gemütliches Bett in einem kleinen Hotel leisten, doch die Hotelpreise waren einfach viel zu hoch und so zeltete ich am Ende doch.
Das Geniale hier in Taiwan ist einfach, dass man überall unbesorgt zelten kann.
Das finde ich sehr befreiend und macht es um so viel einfacher.
Mein Zelt hatte ich allerdings etwas falsch platziert, denn bereits um 6 Uhr morgens
kamen jede Menge Rentner zum Frühsport und nicht weit von meinem Zelt entfernt,
schrie der Vorturner zu seiner Truppe. Pausenlos klatschten die Leute ihren eigenen
Körper ab, wirklich eine interessante Methode seine Durchblutung zu fördern.
Auch war ich verblüfft, als ich inmitten der Hochhäuser Bezirke Leute Tango tanzen sah.
Ich machte mich auf in Richtung Berge, doch hatte ich einen weiteren Regentag
zu verschmerzen und zeltete auf einem Schulgelände im Trockenen. Die Schüler
waren völlig begeistert von mir und fragten eine Frage nach der anderen.
„Bitte weckt mich morgen früh nicht so zeitig, ich schlafe gerne lange aus“ sagte ich zu ihnen und als ich morgens auf stand, lag eine Tüte neben meinem Zelt mit einem Zettel: Für Dich! Deine Klasse 203. Ein Vesperpaket mit Schokolade, Regencapes, Taschentücher und Erdnüssen. Ich freute mich riesig darüber und hatte an diesem Morgen ein noch breiteres Grinsen im Gesicht als sonst. Taiwanesen machen einen einfach glücklich, das ist sicher.
Von nun an schlängelte sich der Weg die Berge hinauf. Langsam aber sicher durchquerte
ich mehrere Vegetationszonen. Ich kam durch ein Bergdorf, in dem vor allem Aborigines
lebten. Auch hier zeltete ich wieder auf dem Schulgelände und stellte mein Zelt diesmal
im Stadium auf.
Leider hatte ich wieder einmal einen strategisch ungünstigen Platz gewählt, denn wieder,
genau um 6 Uhr morgens ertönte aus einem Lautsprecher trällernde Chinesische Musik und die ersten Frauen stellten sich zur Morgengymnastik auf. Diesmal war ich aber total im Weg, denn sie schienen ausgerechnet diese Stelle jeden Tag aufzusuchen um ihre Übungen zu machen, an der ich noch am schlafen war.
Es war mir ultra peinlich, doch hatte ich keine Sekunde das Gefühl, dass es irgendjemanden störte, dass ich ausgerechnet hier zeltete. 1 Stunde lang hopsten
also jede Menge Frauen um mich herum und klatschten sich in den Tag hinein.
Kaum später kamen die ersten Kinder und die Schulmusik schmetterte aus dem Lautsprecher. Alles auf Englisch. Das ABC, die Zahlen, die Wochentage,
das Wetter etc. Die ersten Begriffe im Englischen wurden in zig verschiedenen
Liedern nett verpackt und während die Kinder das Stadium säuberten sangen
sie einfach mit.
Einer der Jungs war sehr neugierig gewesen und wollte ganz genau wissen, was ich so
in meinem Zelt hatte und was in meinen Taschen sei. Ein goldiger Kerl, der es auch
schaffte meinen Namen richtig auszusprechen, was für die meisten Nationen
unmöglich zu sein scheint.
Ich war nun bereits auf 2000 m angelangt und füllte meine Wasserflasche an einer
Polizeistation. Die Polizisten meinten es ganz besonders gut mit mir und schenkten
mir jede Menge Orangen und organisierten mir zudem noch eine Übernachtungsmöglichkeit etwas 10km weiter.
Die Polizisten in der nächsten Station standen bereits auf der Straβe und warteten auf mich. Ich wurde zum Abendessen eingeladen und in ein Zimmer geführt.
Es war schon fast ein Hotelzimmer, denn es hatte ein gemütliches Bett und eine Dusche. Einfach klasse.
Als wir ins Gespräch kamen, war der eine der Polizisten komplett beindruckt und konnte es nicht fassen, dass ich wirklich den ganzen Weg von Deutschland bis hierher geradelt bin.
Es standen weitere 1200 Höhenmeter an, bis ich den Gipfel erreicht hatte und damit den höchsten Pass der Insel. Wieder überholten mich jede Menge Rennradfahrer und klatschten und zeigten mir den Daumen und deuteten dabei auf meine Taschen.
Sicherlich waren sie an dem Morgen ganz von unten losgefahren und hatten somit bereits 2000 Höhenmeter in den Knochen. Allerdings hatte einer von ihnen starke Konditionsprobleme und war nicht schneller als ich unterwegs.
Am Pass wurde ich von zig Leuten fotografiert und jeder wollte wissen woher ich kam. Nachdem Deutschland immer gut ankommt, wurde ich doppelt gefeiert. Als Heldin auf dem Rad und als eine Frau aus einem tollen Land.
Deutschland ist wirklich immer sehr beliebt und die Leute haben uns unsere Vergangenheit schon längst verziehen. Die einzigsten, die mit unserer Geschichte noch immer ein Problem haben, sind wir selber und sonst niemand.
Wir können stolz auf unser Land sein, bekomme ich immer wieder gesagt. Deutschland ist ein tolles Land, tolle funktionierende Technik und sehr nette Leute.
Nun ja, lassen wir das mal so stehen, meistens kommentiere ich diese Aussagen nicht weiter. Natürlich freue ich mich aus einem beliebten Land zu kommen und es hilft einfach auch immer wieder, da die Leute sofort Vertrauen zu mir haben, schlieβlich sagt man uns nach, dass wir verlässlich, ordentlich und ehrlich sind.
Die Landschaft war klasse gewesen und es hatte sich wirklich gelohnt den Berg zu erklimmen. Doch wo es rauf geht, geht‘s dann irgendwann auch wieder runter und so fuhr ich mit ordentlichem Tempo wieder bergab. Entlang wunderschöner Wege, endloser Serpentinen inmitten von dichter Vegetation.
Abends zeltete ich auf dem Dach eines Besucherzentrums und genoss den wunderschönen Morgen inmitten von blühender Obstbäume. Die ganzen Hänge waren weiβ, ein faszinierender Anblick.
Doch nun wurde es Zeit der Insel lebe Wohl zu sagen und somit steuerte ich auf Keelung zu, um dort am Hafen evtl. eine Mitfahrgelegenheit mit einem Boot nach Japan zu bekommen.
Feuerwehr Leute nahmen mich wieder gerne auf, doch wurde ich brutalst die Nacht von Moskitos verstochen.
Leider kam ich am Hafen nicht weiter, es gab kein Boot. Wohl oder Übel fuhr ich weiter nach Taipei und zeltete in einem der vielen Parks, bis ich am nächsten Tag bei Michael, dem Bäcker und Restaurant Besitzer aus Deutschland unter kam.
Der Abschied nahte, der Flug war gebucht. Korea mein nächstes Ziel.
Bis zum Abflug holte ich noch meinen neuen Pass beim Deutschen Institut ab, überredete die Beamten meinen vorläufigen Pass behalten zu dürfen und schickte anschlieβenden, den neuen, permanenten Pass nach Deutschland zu einer Russischen Visa Agentur und hoffte auf einen reibungslosen Ablauf und ein 90 Tage Visum.
Ich organisierte einen Radkarton fürs Flugzeug und gab ein Englisches Interview für ein Taiwanesisches online Radmagazin. Ich hatte auβerdem noch einen Termin beim Deutschen Radiosender in Taiwan und genoss zudem das letzte Mal Schnitzel mit Pommes.
Den letzten Abend auf der Insel verbrachte ich am Flughafen, nächtigte auf dem Boden in der Flughafenhalle, packte das Rad in den Karton ein und war wirklich traurig, doch auch sehr dankbar für die tollen 7 Wochen, die ich auf der Insel verbringen durfte.
Taiwan war sensationell gewesen. Die angenehmste Nation seit ich unterwegs bin. Vielen Dank an alle, die mir den Aufenthalt so überaus positiv gestaltelt haben.
Doch nun auf nach Korea….
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